Die Stellung – tragikomisches Familienporträt mit Schwächen

„Die meisten Mütter und Väter lebten zusammen wie Gäste in einer Pension, die sich nicht auf die Nerven zu gehen versuchten, grundsätzlich aber getrennte Leben führten, er mit Tabellen und einem Arbeitszimmer, sie mit der Sorge um die Kinder. Die Mellows waren anders, was die Kinder schon vor langer Zeit mit einem gewissen Stolz und einer gewissen Traurigkeit erkannt hatten.

New York. Mitte der Siebzigerjahre erregt ein Buch die Gemüter in den USA: Der Sex-Ratgeber „Pleasuring. Die Reise eines Paares zur Erfüllung“. Das Problem? Das Autorenehepaar Mellow hat vier minderjährige Kinder, die nun mit der Tatsache konfrontiert werden, dass ihre Eltern ihr Liebesleben bis ins kleinste Detail vor aller Welt ausbreiten. Besonders schockierend sind die detailreichen Illustrationen, die das Ehepaar in verschiedensten intimen Positionen zeigen. Während ihre Karriere auf dem Höhepunkt ist, aber die Ehe der Eltern zunehmend zerbricht, müssen die Kinder mit der öffentlichen Blöße und dem damit verbundenen Schmerz zurechtkommen. „Pleasuring“ wird zu einem Buch, das sie für den Rest ihres Lebens begleitet – eine Bürde, die sie nicht abschütteln können.

Buchcover - Die Stellung

Meg Wolitzer zeichnet in ihrem Roman „Die Stellung“ ein tragikomisches Familienbild und begleitet Familie Mellow über Jahrzehnte hinweg. Dabei muss jedes Familienmitglied seinen eigenen Platz finden und hadert auf die eine oder andere Weise. Sex wird für keines der Mellow-Kinder eine einfache Angelegenheit sein. Wolitzer zeigt, dass wir, egal wie sehr wir uns bemühen, eben doch die Kinder unserer Eltern sind und sie uns auf bedeutende Weise prägen.

„Tatsächlich war, wenn man es genau betrachtete, das Geräusch der endenden Kindheit eine fürchterliche Sache. Wenn du einer der übernatürlich begabten Menschen warst, die es hören konnten, wusstest du, dass es dem Zerschellen von Glas ähnelte, dem Aufschlag eines Körpers auf den Boden, wobei du mit einer fürsorglichen Mutter oder einem fürsorglichen Vater gerechnet hättest, der den Sturz auffing, jedoch feststellen musstest, dass es nur das harte, heiße Trottoir des Lebens war, das da wartete.“

Ich muss sagen, ich habe eine emotionale Bindung zu Meg Wolitzer, war es doch ihr Roman „Die Interessanten“, der mich im Jahr 2015 auf die Idee gebracht hat, meine Buchtipps zu teilen und meinen ersten Insta-Post zu veröffentlichen .

Wolitzers Sprachstil ist wie immer gefühlvoll und reich an Details und Sprachwitz – doch irgendwie schaffte sie es diesmal leider nicht, mich emotional zu fesseln. Keine der Figuren hat mich so richtig berührt. Durch den auktorialen Erzählstil hält die Autorin den Leser auf Distanz und sorgt dafür, dass die Figuren und ihre Handlungen oft nur skizzenhaft bleiben. Die Motivationen der Charaktere blieben für mich im Dunkeln, was es schwer machte, echte Anteilnahme zu entwickeln. Trotzdem gibt es wieder einige schöne und merkenswerte Passagen .

„In Hollys Denken war die Familie Mellow zunächst ein großes Ganzes gewesen, um später zu einer Sammlung voneinander getrennter Einzelteile zu zerfallen. Gott, das Leben war wild und traurig.“

Wie auch in ihren anderen Büchern, wirft die Autorin einen treffenden, und oftmals ironischen Blick auf die amerikanische Gesellschaft. Trotz einiger starker Momente bleibt „Die Stellung“ für mich aber letztlich hinter den Möglichkeiten zurück, die das Thema geboten hätte.

„Ihre Ehe mit Paul war eine Antwort auf die Ehe ihrer Eltern, so wie alle Ehen auf frühere antworten, mit Korrekturen der mangelhaften Stellen, nur um später selbst korrigiert zu werden, und immer so weiter.

Der erste Satz

„Das Buch stand im Fernsehzimmer, oben im Bücherregal, ganz so, als wäre es das einzige Exemplar der Welt und als würde den Kindern, wenn sie es da nicht fanden, auf ewig unbewusst bleiben, dass ihre Eltern sexuelle Wesen waren.“

Buchinformationen

Die Stellung von Meg Wolitzer, 2015, 368 Seiten, erschienen im Dumont Buchverlag, Hardcover 19,99 Euro, Taschenbuch 12 Euro.

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Über die Autorin

Meg Wolitzer, geboren 1959, veröffentlichte 1982 den ersten von zahlreichen preisgekrönten und erfolgreichen Romanen. Viele ihrer Bücher standen auf der New-York-Times-Bestsellerliste. Bei DuMont erschienen die SPIEGEL-Bestseller ›Die Interessanten‹ (2014) und ›Das weibliche Prinzip‹ (2018) sowie ›Die Stellung‹ (2015), ihr Roman ›Die Ehefrau‹ (2016), der mit Glenn Close in der Hauptrolle verfilmt wurde, und zuletzt ›Die Zehnjahrespause‹ (2019).“

 


Genre: Belletristik, Familienroman, Gegenwartsliteratur, Gesellschaftsroman, Roman
Subjects: Affäre, Ehe, Familie, Geschwister, Gesellschaft, Glück, Kinder, Krankheit, Leidenschaft, Liebe, New York, Sex, USA, Zusammenhalt

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