Madame Picasso

„Denken Sie nicht. Fühlen Sie. Nur so sollte man leben und malen – und lieben.“

Paris im Jahr 1911. Die junge Eva flieht aus der Provinz in das schillernde Paris, um hier ihr Glück im Herzen der Bohème zu suchen. Durch einen Zufall trifft sie auf den Ausnahmekünstler Pablo Picasso – und eine der größten Liebesgeschichten des Jahrhunderts nimmt ihren Lauf.  Ein Roman über die Liebe, die Kunst und das Paris der Belle Epoche…

Eva Gouel stammt aus einfachen Verhältnissen. Doch sie hat ehrgeizige Träume – und flieht aus ihrem Elternhaus in die verheißungsvolle Metropole Paris. Sie sehnt sich nach Erfolg und einem selbstbestimmten Leben – und schafft es, eine Anstellung hinter den Kulissen des legendären Moulin Rouge zu ergattern. Als sie auf Picasso trifft, der kurz vor seinem internationalen Durchbruch steht, erobert das einfache Mädchen vom Land seine Gefühle im Sturm – entgegen aller Widerstände. Denn obwohl der Künstler schon so vieles besitzt – Macht, Ruhm, Geld und unzählige Geliebte – und obwohl er vergeben ist an die schillernde Fernande Olivier, sehnt er sich im Grunde seines Herzens nach etwas Bodenständigem.

„In Ihrem Blick liegt etwas, das mir versichert, dass Sie kein Trugbild von sich vorgaukeln. Sie sind einfach Sie selbst. (…) Aus irgendeinem Grund weiß ich, dass mein Herz in Ihrer Obhut wohl aufgehoben wäre.
Sie dachte, dass für sie das genaue Gegenteil zutraf. Picasso repräsentierte alles auf der Welt, wovor sie sich in Acht nehmen und davonlaufen sollte.“

Picasso zeigt Eva eine Welt aus Leidenschaft und Kunst – und Eva zeigt Picasso die Liebe.

„Eva wusste nichts über Kunst. Aber sie wusste, was sie bewegte. Dies waren machtvolle Werke, allesamt roh und ganz anders als die Zeugnisse des Kubismus auf der Ausstellung, über den man ihr gesagt hatte, dass Picasso ebenfalls in diesem Stil malen würde. Ihr Körper reagierte auf das Drama in diesen Gemälden, bevor ihr Geist dazu in der Lage war. Was hatte es zu bedeuten, dass er auf so unterschiedliche Weisen malen konnte? Gab es dazu eine Geschichte?“

Anne Girard hat mit Madame Picasso einen unterhaltsamen Roman geschrieben, den man nicht gut aus der Hand legen kann – und der mich auch das eine oder andere Tränchen gekostet hat. Man wünscht sich eigentlich nichts mehr, als diese wundervolle Liebesgeschichte umschreiben zu können. In das Paris vor dem 1. Weltkrieg abzutauchen und dort auf legendäre Persönlichkeiten der damaligen Zeit zu treffen – Künstler, Dichter, Schauspieler – hat mir großen Spaß gemacht. Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich als Kunstbanause kein Kenner der Kunstszene bin. Ich fand es toll, hier einen kleinen Einblick in diese Welt zu erhalten, auch wenn Picassos Werke nur am Rande eine Rolle spielen. Der Prozess des Schaffens sowie die Selbstzweifel und Dämonen, gegen die einer der größten Künstler aller Zeiten kämpfte, machten Picasso für mich zu einer sehr faczettenreichen, bemerkenswerten und menschlichen Persönlichkeit. Dabei schafft es die Autorin, Details zum Leben und zur Kunst Picassos geschickt in die Geschichte einzuarbeiten.

„Mein ganzes Leben lang bin ich vor Krankheit, ganz besonders vor dem Tod davongerannt. Ich kann… ich kann diese Dinge einfach nicht ertragen.“
„Der Tod gehört zum Leben, Pablo“, erwiderte sie sanft.
„Nicht zu meinem.“

Ob sich die Liebesgeschichte tatsächlich so zugetragen hat und ob der Picasso im Roman den wahren Künstler wiederspiegelt, ist für mich nur schwer zu beurteilen. Der Autorin ist es wohl gelungen, die wenigen Aufzeichnungen, die es über Eva Gouel gibt sowie einen noch lebenden Zeitzeugen – einen Freund Picassos – ausfindig zu machen. Einige Stellen erschienen mir dennoch nicht durchweg glaubwürdig. Vieles ging mir zu schnell. Und damit wären wir dann bei meiner Kritik angekommen :-).

Der Autorin ist es nicht so ganz gelungen, die beiden weiteren Schauplätze des Romans – Barcelona und Südfrankreich – atmosphärisch zu schildern. Während ich in das Paris der Belle Epoche voll und ganz abtauchen konnte, wurden Barcelona und Südfrankreich für mich nicht lebendig. Einige Liebesszenen hätten ebenfalls gerne lebendiger – und weniger kitschig – sein können.

Auch die Gefühle für Eva lassen mich zwiespältig zurück. Auf der einen Seite scheint sie eine starke, zielstrebige Frau gewesen zu sein, der ihre Selbständigkeit ungemein wichtig war. Daher hat es mich irritiert, dass sie diese hart erkämpfte Selbständigkeit so schnell für eine Liebe mit unsicherer Zukunft aufgegeben haben soll. War das mutig oder ein Zeichen von Schwäche? Auf der einen Seite so stark, zweifelt Eva doch außerdem immer wieder, ob sie Picasso das Wasser reichen kann und sieht ihre Lebensaufgabe darin, die Frau an seiner Seite zu sein. Das Picasso Evas Schwäche darstellt, zeigt sich auch in einer Szene, in der sie eine Warnung ihres Arztes ignoriert, um für Picasso weiterhin perfekt sein zu können. Aber wer weiß, vielleicht hat es sich tatsächlich so zugetragen.

Alles in allem finde ich den Roman sehr lesenswert. Kunstkenner werden sich vielleicht das eine oder andere mal vor den Kopf gestoßen fühlen, da die Kunst nur zur Nebenkulisse wird. Aber ich glaube auch nicht, dass Anne Girard vorhatte, einen Kunstroman oder eine Biografie zu schreiben. In erster Linie erzählt die Autorin von einer großen Liebesgeschichte, in der man auch auf schillernde Persönlichkeiten wie die Maler George Braque und Henri Matisse, den Dichter Apollinaire oder die Schriftstellerin und Kunstsammlerin Gertrude Stein trifft, deren berühmter Salon damals zum Zentrum der künstlerischen Avantgard wurde. Mich hat diese Geschichte jedenfalls dazu inspiriert, mehr über die Kunst und die Kultur der damaligen Zeit herauszufinden. Es hat mir Spaß gemacht zu lesen, also 4 Sterne :-).

Buchinformationen

Madame Picasso von Anne Girard, Aufbau Taschenbuch, erschienen im März 2015, 478 Seiten. 12,99 Euro.

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Über die Autorin

„Anne Girard studierte Englische Literatur und Psychologie. Für die Recherche zu diesem Roman reiste sie von Paris über die Provence nach Barcelona und traf Freunde und Zeitgenossen Picassos. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Südkalifornien.“

Blick ins Buch

„Vielleicht ist das die Reise, auf die Sie unser Herr geschickt hat. Ganz gleich, wie weit entfernt wir uns fühlen, die Vergangenheit ist immer da, bis wir sie überwinden.“

„Niemand möchte weiterleben, wenn er einen geliebten Menschen verliert, Pablo“, sagte Eva sanft. „Aber man hat keine Wahl, nicht wahr? Man muss weitermachen. Sich ein neues Leben aufbauen. Mit der Zeit heilen die Wunden, und was bleibt, sind kostbare Erinnerungen, ist es nicht so?“

„Nichts ist so vorhersehbar wie der Wandel.“

„Begierde ist nicht dasselbe wie Liebe, Eva. Deinetwegen kenne ich den Unterschied inzwischen. Das Feuer der Lust kann sich ebenso wenig auf Dauer halten wie echtes Feuer, das keine neue Nahrung bekommt. Irgendwann ist es heruntergebrannt.“

„Ich habe das Bild von uns beiden niemals vollendet. Ich wollte es fertigstellen, wenn du wieder gesund bist. Und dann wollte ich es dir zur Hochzeit schenken. Es sollte in unserem Wohnzimmer hängen und irgendwann einmal unseren Kindern gehören.“ „Ein unvollendetes Gemälde von uns beiden wirkt zu diesem Zeitpunkt ungeheuer passend.“


Genre: Belletristik, Historischer Roman, Liebesroman, Roman
Subjects: Begabung, Familie, Kunst, Lebenswege, Leidenschaft, Liebe, Paris, Tod, Trauer, Verlust

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