Geniales Debüt – Bella Germania

„Unser Leben gehört uns nicht allein. Dieses Haus, das wir unser Ich nennen, ist bewohnt von denen, die vor uns kamen. Ihre Spuren sind in unsere Seelen eingraviert. Erst ihre Geschichten machen uns zu dem, was wir sind.“

München, 2014. Die erfolgshungrige Julia ist Modedesignerin und kurz vor ihrem Durchbruch, da steht plötzlich ein Mann namens Vincent vor ihr, der behauptet ihr Großvater zu sein. Die Halbitalienerin ist wie vor den Kopf gestoßen. Kann es sein, dass dieser Deutsche ihr Großvater ist? Julia begibt sich auf eine Reise – auf der Suche nach ihren Wurzeln, auf der Suche nach Erklärungen und auf der Suche nach sich selbst.

Mailand 1954. 60 Jahre zuvor. Ein junger, ambitionierter Ingenieur fährt für seinen Betrieb von München nach Italien. Sein Arbeitgeber, niemand geringeres als der Automobilkonzern BMW, macht in den Nachkriegsjahren schwere Zeiten durch und ein Deal mit Iso Rivolta soll für das angeschlagene Unternehmen die Rettung sein. In Italien angekommen, verliebt der Deutsche sich auf den ersten Blick in das so fremdartige Land… und in Giulietta. Doch die junge Italienerin soll einen anderen heiraten. Giulietta scheint gefangen in einem Netz aus Tradition, Kultur und familiären Verpflichtungen… und eine tragische Liebe nimmt ihren Lauf.

»Es gibt nur eine Sünde, sagst du dir: vergeudetes Talent. Nicht zu werden, was man sein könnte. «

‚Bella Germania‘ ist eine berührende Familiengeschichte vor dem Hintergrund deutsch-italienischer Vergangenheit. Daniel Speck, der bereits als Drehbuchautor erfolgreich ist, hat hier ein großartiges Romandebüt mit überraschenden Wendungen hingelegt, das viele Themen aufgreift und wundervoll miteinander verwebt.

Über drei Generationen hinweg erlebt der Leser die Geschichte der italienischen Familie Marconi und die Zeit der Gastarbeiter in Deutschland. Ich habe die Zwillinge Giovanni und Guiletta Marconi gerne auf ihrem Lebensweg begleitet, habe mit ihnen gehofft und gelitten. …Und mir gewünscht, sie mögen einen Weg finden, den Graben, der zwischen ihrem familiären Erbe und dem Wunsch nach Freiheit und Entfaltung liegt, zu überwinden.

Das Buch beschreibt gut, mit welchen Hoffnungen die Gastarbeiter nach Deutschland emigrierten, auf der Suche nach einem besseren Leben – und mit welcher Realität sie, hier angekommen, zu kämpfen hatten. Der Verlust der Heimat und der eigenen Wurzeln, die Zerrissenheit, die Vorurteile der Deutschen, die Sprachbarriere, die völlig andere Mentalität in einem Land, in dem die Zukunftsaussichten für Einwanderer nicht so rosig sind wie sie propagiert wurden. Gerade in der heutigen Zeit ist damit das Thema des Buches – auch wenn es 60 Jahre in der Vergangenheit spielt – brandaktuell.

‚Bella Germania‘ ist eine Geschichte über Heimat, Familie und Identität, eine Geschichte über Talent und Bestimmung, eine Geschichte über die Entscheidungen des Lebens – und natürlich eine Geschichte über die ganz große Liebe.

Ich habe viele neue Einblicke gewonnen, nicht nur in die Situation der Gastarbeiter, sondern auch in die Gesellschaft der Nachkriegsjahrzehnte und in das Wirtschaftswunder der jungen Bundesrepublik. Und nebenbei konnte ich noch einiges über die Geschichte der Automobilbranche lernen. Der Autor nimmt seine Leser mit auf eine Zeitreise – angefangen beim Wiederaufbau Deutschlands und dem wirtschaftlichen Aufschwung über die Zeit der freien Liebe und des Aufstands gegen das Establishment, der im RAF Terrorismus mündete – bis hin in die Gegenwart.

Daniel Speck schafft in seinem Roman dabei einzigartige, lebendige Charaktere mit Ecken und Kanten, die einen auch nach der Lektüre noch begleiten – und über deren Entscheidungen – oder Nicht-Entscheidungen – man sich so manches mal die Haare rauft.

„Doch dann tat Giulietta, was sie immer getan hatte, was die meisten Menschen tun, wenn das Leben sie zu einer Entscheidung zwang. Sie traf keine. Sie ließ den Dingen ihren Lauf und staunte, dass die Welt nicht unterging.“

Daniel Speck entführt uns nach München, Mailand und nach Salina, eine Insel vor der Nordküste Siziliens, und seine Beschreibungen sind so atmosphärisch, dass ich das Gefühl hatte, selbst dort gewesen zu sein.

Alles in allem eine faszinierende und erkenntnisreiche Reise durch die Zeit… Und ein sprachliches Lesevergnügen. Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen.

Der erste Absatz

„Er sagte, er sei mein Großvater. Wenn er mir seine Geschichte erzählen dürfe, würde ich ihm glauben. Er bat mich so eindringlich, ihm zuzuhören, als hinge sein Leben davon ab. Und als er mir die Geschichte dann erzählte, begriff ich, dass in Wahrheit mein Leben davon abhing.“

Buchinformationen

Bella Germania von Daniel Speck, Taschenbuchausgabe, erschienen im August 2016 im FISCHER Taschenbuch, 624 Seiten, 14,99 Euro.

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Über den Autor

Daniel Speck ist erfolgreicher Drehbuchautor und Dozent an Filmhochschulen in Deutschland und Italien. Er studierte Filmgeschichte in München und in Rom, wo er mehrere Jahre lebte. Er verfasste die Drehbücher zu ›Maria, ihm schmeckt’s nicht‹ und ›Antonio, ihm schmeckt’s nicht‹ von Jan Weiler, sowie ›Zimtstern und Halbmond‹. Für ›Meine verrückte türkische Hochzeit‹ erhielt er den Grimme-Preis und den Bayerischen Fernsehpreis. ›Bella Germania‹ ist sein erster Roman.“


Genre: Belletristik, Gesellschaftsroman, Liebesroman, Roman
Subjects: Affäre, Automobilindustrie, Autos, Beruf, Deutschland, Ehe, Familie, Flucht, Gastarbeiter, Gesellschaft, Italien, Kinder, Leben, Liebe, Mailand, Migration, München, Schicksal, Selbstverwirklichung, Talent, Traum, Verlust, Wirtschaftswunder

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