„Es ist wie bei zwei Puzzleteilchen, die auf den ersten Blick zusammengehören, aber sich wegen irgendeiner Winzigkeit doch nicht miteinander verbinden lassen.“
Deutschland. Friederika und Robert sind seit der Schulzeit unzertrennlich. Sie stammt aus einer wohlhabenden, aber emotional kühlen Familie, während er sich um seine kranke Mutter kümmern muss. Robert bringt den Mut nicht auf, Frie seine wahren Gefühle zu gestehen. Stattdessen bleibt er an ihrer Seite, ist ihr der beste Freund, während sie sich in andere verliebt und nach dem Abi ins Ausland verschwindet.
Das Leben schreitet voran, Jahre und Jahrzehnte vergehen, treibt die Freunde mal enger zusammen, mal weit auseinander – die Gefühle füreinander bleiben immer da und sind doch nie eindeutig – bis sie sich in ihren Fünfzigern bei einem Klassentreffen wiedersehen. Ist es zu spät für einen Neuanfang?
Man sieht sich ist eine feinfühlige, lebensnahe Liebesgeschichte, die sich über Jahrzehnte erstreckt und die Charaktere bis in ihre Fünfziger begleitet. Es geht um die große Frage: Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?
Julia Karnick ist dabei ein Liebesroman gelungen, der nie in den Kitsch abdriftet und einem trotzdem ganz nah geht. Beim Lesen fühlt man sich den Protagonisten und ihrem Leben verbunden. Ohne übertriebenes Drama, stattdessen authentisch vermittelt das Buch stets dieses leise Bedauern, dass das Leben oft einen Strich durch die Rechnung macht, bevor alles zu Ende gedacht werden kann.
„Und jedes Mal dachte er: Ich hatte mir dich endlich abgewöhnt, mir ging es so gut ohne dich. Wieso lässt du mich nicht einfach in Ruhe? Aber bitte bleib! Er kriegte nie genug von Frie und hatte sie deswegen so satt.“
Ein wenig erinnert die Geschichte, in der zwei Verliebte über Jahre hinweg aneinander vorbeirennen, in der das Leben der Liebe immer wieder einen Strich durch die Rechnung macht, an das Buch „Zwei an einem Tag“, das ich sehr geliebt habe. Aber die Protagonisten und die Story und auch die Dramatik sind dennoch ganz anders, weswegen es doch nicht wirklich vergleichbar ist. Die Geschichte lässt einen mit der Erkenntnis zurück, dass das Leben selten nach Plan verläuft, und doch immer wieder Chancen bietet – wenn man bereit ist, sie zu ergreifen.
Fazit: für mich ein großes Lesevergnügen.
“ „Wir verpassen immer den richtigen Zeitpunkt“, sagte Robert. „Wer weiß“, sagte Frie, „wenn wir fünfzig sind und immer noch beide allein, vielleicht ja dann.“
Der erste Satz
„Das Wasser ist so heiß, dass es fast weh tut.“
Buchinformationen
Man sieht sich von Julia Karnick, 2024, 480 Seiten, erschienen im dtv Verlag, Hardcover 23 Euro.
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Über die Autorin
„Julia Karnick lebt und schreibt in Hamburg – unter anderem Kolumnen in der ›FÜR SIE‹ und den Bestseller übers Hausbauen ›Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!‹. Mittlerweile hat sie auch Geschmack am Romanschreiben gefunden: Nach ihrem erfolgreichen Debüt ›Am liebsten sitzen alle in der Küche‹ erzählt sie in ›Man sieht sich‹ klug und warmherzig von zwei Liebenden, die Jahrzehnte und viele Umwege brauchen, um zueinanderzufinden.“
Subjects: Affäre, Beruf, Deutschland, Ehe, Einsamkeit, erwachsen werden, Familie, Freundschaft, Glück, Kinder, Leben, Leben im Jetzt, Lebenswege, Liebe, Mutterschaft, Schicksal, Selbstverwirklichung, Tod