„Eine kurze Geschichte der Menschheit“ – ein Buch verändert die Sicht auf uns Menschen

„Schon lange vor der industriellen Revolution hielt der Homo sapiens den traurigen Rekord als dasjenige Lebenwesen, das die meisten Tier- und Pflanzenarten auf dem Gewissen hat. Wir haben die zweifelhafte Ehre, die mörderischste Art in der Geschichte des Lebens zu sein. “

Unsere Erde. Einst gab es sechs verschiedene menschliche Spezies. Noch vor 100.000 Jahren, also vor einem Wimpernschlag in der Erdgeschichte, war der Homo sapiens ein unterentwickeltes Wesen in einem entfernten Winkel des afrikanischen Kontinents, nicht bedeutsamer als andere Tierarten wie Affen, Insekten oder Fische. Doch vor 70.000 Jahren vollzog sich im Gehirn unserer Ahnen ein Wandel, der ihn zum Herrscher dieses wundervollen Planeten werden ließ – und zu seinem Zerstörer. „Der Mensch hat die Fähigkeit zu schöpferischem und zu zerstörerischem Handeln wie kein anderes Lebewesen. Und die Menschheit steht jetzt an einem Punkt, an dem sie entscheiden muss, welchen Weg sie von hier aus gehen will.“

Wie haben wir als Homo sapiens es bislang geschafft, als einzige menschliche Art zu überleben? Wie ist unsere Zivilisation entstanden mit all ihren Nationen, Religionen, Währungen, Gesetzen und Kulturgütern? Warum fingen wir an, uns Göttern, der Zeit und dem Konsum zu unterwerfen? Und wo führt das Ganze hin? In „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ entführt uns Yuval Noah Harari, Professor für Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem, in ein Zeitraffer unserer Menschheitsgeschichte – von der Entstehung bis in die Gegenwart, und wagt einen Ausblick in die Zukunft.

 

„Die letzten Jahrzehnte mögen in der Tat ein beispielloses goldenes Zeitalter gewesen sein, aber es ist noch viel zu früh, um beurteilen zu können, ob es sich um eine umfassende historische Wende handelt oder um eine vorübergehende Glückssträhne. […] Und zweitens ist durchaus denkbar, dass diese kurze Glückssträhne die Saat für eine kommende Katastrophe gelegt hat. In den zurückliegenden Jahrzehnten haben wir das ökologische Gleichgewicht des Planeten auf verschiedenste Weise gestört, und niemand kann die Konsequenzen absehen.“

Spannend und unterhaltsam geschrieben, erklärt der Autor komplizierte Zusammenhänge auf verständliche Weise und handelt diese in vier großen Revolutionabschnitten der menschlichen Geschichte ab: der kognitiven und landwirtschaftlichen Revolution, der Vereinigung der Menschheit im Sinne einer beginnenden Globalisierung und der wissenschaftlichen Revolution. Dabei nimmt er oft ungewöhnliche Sichtweisen ein, eröffnet dem Leser sowohl einen großen Überblick als auch unheimliches Detailwissen in die verschiedensten Bereiche von Politik, Wissenschaft, Religion, Wirtschaft und Geschichte.

„Die landwirtschaftliche Revolution war der größte Betrug der Geschichte. […] Jede Generation lebte im Grunde genau so wie die ihrer Eltern, nur ein bisschen effizienter. Paradoxerweise summierte sich die Abfolge von „Verbesserungen“, die den Menschen eigentlich das Leben erleichtern sollten, im Lauf der Zeit zu einer drastischen Verschlechterung. […] Aus der Geschichte der Luxusfallen können wir eine wichtige Lektion lernen.“

Interessant fand ich die Sicht des Autors auf unsere Welt, wie wir sie uns geschaffen haben. Eine im wahrsten Sinne phantastische Wirklichkeit, die der Mensch sich komplett ausgedacht hat, eine Welt, die eigentlich nur aus Geschichten besteht. Und so sind wir heute umgeben von den Produkten unserer Phantasie und von Mythen, die wir uns dank unserer Fähigkeit zur Sprache und Schrift ausgedacht haben: „Götter, Nationen, Geld, Menschenrechte und Gesetze gibt es gar nicht – sie existieren nur in unserer kollektiven Vorstellungswelt.“

„Nur der Mensch kann über etwas sprechen, das gar nicht existiert, und noch vor dem Frühstück sechs unmögliche Dinge glauben. Einen Affen würden Sie jedenfalls nie im Leben dazu bringen, Ihnen eine Banane abzugeben, indem Sie ihm einen Affenhimmel ausmalen und grenzenlose Bananenschätze nach dem Tod versprechen. Auf so einen Handel lassen sich nur Sapiens ein. Aber warum ist diese fiktive Sprache dann so wichtig? Sind Fantasiegeschichten nicht gefährlich und irreführend?“

Ich habe das Buch bereits vor 1,5 Jahren gelesen (ja ich bin derzeit ziemlich nachlässig mit meinen Rezensionen ). Heute ist das Werk aktueller denn je. Dieses Buch hat mich derart beeindruckt und meine Sicht auf die Welt, das Leben und uns Menschen verändert. Ich bin der Meinung, es sollte besonders heute, in Zeiten des Klimawandels, zur Pflichtlektüre gehören, auf das ein jeder sich Gedanken um unsere Erde, unseren Konsum und damit unser aller Zukunft macht. Das Buch war in Israel über 100 Wochen auf Platz 1 der Sachbuchbestsellerliste und wurde von der Kritik überwiegend sehr positiv besprochen oder gar über den Klee gelobt. Einige Kritikpunkte waren die stellenweise Überinterpretation von Fakten und daraus resultierende Übertreibungen und Zuspitzungen, was seine gesamtheitliche Bedeutung aus meiner Sicht nicht schmälert. Bis heute wurde das Werk in über 50 Sprachen übersetzt und erreichte eine verkaufte Auflage von über 10 Millionen Exemplaren.

Mittlerweile hat der Autor weitere Werke veröffentlicht, seine Zukunftsvision Homo Deus sowie seine 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert, die ich sicherlich auch noch lesen werde.

Definitiv ist das Buch sehr unterhaltsam geschrieben, wahnsinnig lehrreich und rüttelt auf. Es ist in vielerlei Hinsicht aber auch desillusionierend und hat mich phasenweise deprimiert und mir dann wiederum Hoffnung gegeben. Was ist der Sinn des Lebens? Wie hat die Menschheit es geschafft, sich selbst derart zu sabotieren? Und was bedeutet unsere Geschichte für unser Glück – und unsere Zukunft?

Menschen jagen hinter Geld und Macht her, sie häufen Wissen und Reichtümer an, setzen Söhne und Töchter in die Welt und errichten Häuser und Paläste. Aber was sie auch erreichen, sie sind nie zufrieden. […] Das Leben ist ein sinnloses Hamsterrad. Aber wie kann man dem entkommen?

Tja, wie kann man dem entkommen? Also kurzum: kaufen, lesen, nachdenken, diskutieren!

„Vielleicht werden intelligente Ratten in 65 Millionen Jahren voller Dankbarkeit auf die Verheerungen zurückblicken, die wir Menschen heute anrichten, genau wie wir heute auf den Meteoriten zurückblicken, der die Dinosaurier ausradierte. […] Wenn sich die Geschichte der Sapiens ihrem Ende zuneigt, sollten wir uns als Angehörige einer der letzten Generationen die Zeit nehmen, eine letzte Frage zu stellen: Was wollen wir werden?“

Der erste Absatz

Vor rund 13,5 Milliarden Jahren entstanden Materie, Energie, Raum und Zeit in einem Ereignis namens Urknall. Die Geschichte dieser grundlegenden Eigenschaften unseres Universums nennen wir Physik. Etwa 300.000 Jahre später verbanden sich Materie und Energie zu komplexeren Strukturen namens Atome, die sich wiederum zu Molekülen zusammenschlossen. Die Geschichte der Atome, Moleküle und ihrer Reaktionen nennen wir Chemie. Vor 3,8 Milliarden Jahren begannen auf einem Planeten namens Erde bestimmte Moleküle, sich zu besonders großen und komplexen Strukturen zu verbinden, die wir als Organismus bezeichnen. Die Geschichte dieser Organismen nennen wir Biologie. Und vor gut 70.000 Jahren begannen Organismen der Art Homo sapiens mit dem Aufbau von noch komplexeren Strukturen namens Kulturen. Die Entwicklung dieser Kulturen nennen wir Geschichte. Die Geschichte der menschlichen Kulturen wurde von drei großen Revolutionen geprägt. Die kognitive Revolution vor etwa 70.000 Jahren brachte die Geschichte überhaupt erst in Gang. Die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12.000 Jahren beschleunigte sie. Und die wissenschaftliche Revolution, die vor knapp 500 Jahren ihren Anfang nahm, könnte das Ende Geschichte und der Beginn von etwas völlig Neuem sein. Dieses Buch erzählt, welche Konsequenzen diese drei Revolutionen für den Menschen und seine Mitlebewesen hatten und haben.“

Buchinformationen

Eine kurze Geschichte der Menschheit von Yuval Noah Harari, Taschenbuch, 26. Auflage, März 2015, 526 Seiten, Deutsche Übersetzung: Jürgen Neubauer, 14,99 Euro, erschienen im Pantheon-Verlag in der Verlagsgruppe Random House, 11,90 Euro. Hardcover erschienen 2013, 28,00 Euro. Originaltitel „A Brief History of Mankind – Kizur Toldot Ha-Enoshut“, erschienen im 2011 bei Kinneret Zmora-Bitan Dvir.

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Über den Autor

Yuval Noah Harari, 1976 in Haifa geboren, wurde 2002 in Oxford promoviert und ist Professor für Geschichte an der Hebrew University of Jerusalem mit einem Schwerpunkt auf Universalgeschichte; 2012 wurde Harari mit 25 weiteren Nachwuchswissenschaftlern in die neugegründete Junge israelische Akademie der Wissenschaften  gewählt 2017 wurde er mit dem Deutschen Wirtschaftsbuchpreis ausgezeichnet.“


Genre: Gegenwartsliteratur, Sachbuch
Subjects: Ehe, Erde, Familie, Geschichte, Gesellschaft, Glaube, Glück, Klimawandel, Krieg, Landwirtschaft, Leben, Nachhaltigkeit, Politik, Religion, Wirtschaft, Wissenschaft, Zukunft

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