Wieder mal die alte Leier: Blogger vs. Feuilleton
Eine ziemlich angestaubte Diskussion – Blogger vs. Feuilleton – wird durch ZEIT ONLINE nochmal in einem, wie ich finde, ziemlich undifferenzierten und überheblichen Artikel entfacht.
Die Kernaussagen der Autorin:
- Blogger setzen sich nicht mit dem Gelesenen auseinander, sondern plappern nur „lang und breit“ die Handlung nach.
- Blogger interessieren sich nur für die Neuerscheinungen von Verlagen. Sie sind demnach nur auf Rezensionsexemplare aus und loben jedes Buch in den Himmel.
- Hochwertiger Literatur, die vom Feuilleton gelobt wird, stehen Blogger erst mal skeptisch gegenüber.
- Blogger sind aufgrund ihres begrenzten Verstandes nur in der Lage, leicht verständliche, kurze Geschichten nachzuvollziehen, die auf einer Zeitebene stattfinden und deren Figuren sympathisch sind.
- Blogger haben keine Ahnung von Aufbau oder Stil eines Buches
- Durch die Blogger verkümmert zukünftig höchst wahrscheinlich die hochwertige Literatur.
- Buchblogger sind eitel.
Ach ja, schön fand ich auch: „Blogger lesen nur Bücher, von denen sie annehmen, dass sie ihnen gefallen.“ Mmh, das liegt vielleicht daran, dass sie aus Freude lesen und dass es für die meisten Blogger ein Hobby ist zu lesen – und ihren Blog zu betreiben. Warum soll man nicht das lesen was man mag? Und warum in Gottes Namen soll man sich nur mit nobellpreisverdächtiger Literatur beschäftigen, wenn es zusätzlich so viele andere Bücher gibt, die beim Lesen Freude bereiten?!
Ich kenne unzählige tolle Buchblogs, bei denen kein einziger oben genannter Aspekt zutrifft. Literaturen, Bücherwurmloch, Buchkolumne, Buzzaldrins Bücher, 54books, Revolution, Baby, Revolution und viele mehr. Sicherlich gibt es auch Ausnahmen… Aber denen muss man ja nicht folgen.
Wie seht ihr das? Folgt ihr Literaturblogs – mal abgesehen von diesem hier? Ich stehe in meiner Bloggerei ja noch ganz am Anfang. Ich mache das aus Spaß an der Freude. Weil ich gerne lese. Weil ich gerne schreibe. Meine Regale sind voll von selbst gekauften Büchern, einigen neuen und unzähligen alten. Manches ist leichte Kost, manches nicht. Manche der Bücher wurden vom Feuilleton gelobt, andere nicht. Viele meiner gelesenen Bücher fand ich gut, viele auch nicht.
Warum soll man nicht über das schreiben, was man gerne tut und seine Erfahrungen weitergeben? Für seine Freunde, seine Kollegen und jeden, der vielleicht den gleichen Geschmack besitzt? Wen’s nicht interessiert, der muss es ja nicht lesen.
Ich finde, Blogs und Feuilleton haben beide ihre Daseins-Berechtigung – und ihre Leser. Warum muss man sich gegenseitig runter machen? Letztlich geht es doch einfach nur um unser aller Leidenschaft: ums Lesen. Schade, dass der Artikel so subjektiv und einseitig geschrieben ist – und die vielen unabhängigen Blogger nur im Nebensatz erwähnt werden. Um es mit den Worten eines Kommentars unter dem ZEIT Artikel zu formulieren:
„Gute Literaturkritik macht man nur, indem man gute Kritiken schreibt. So einfach ist das. Egal ob im Blog oder im Feuilleton.“
Gegenteile gibt’s auf beiden Seiten.
P.S.: Es soll sogar Feuilletons geben, die einfach toll geschriebene Blogartikel kopieren, siehe den Hinweis meiner Bloggerkollegin Sophie von Literaturen. Die übrigens als Buchhändlerin und Studentin der Kulturwissenschaften ganz bestimmt ebenfalls null Ahnung von Literatur hat …
Liebe Nadine,
der Beitrag von DIE ZEIT zeigt, wie schwer Redaktionen mit neuen Kommunikationsformen wie Blogs zurecht kommen. Es ist einfach kein Verständnis dafür da, dass Literaturblogs eine andere Zielsetzung haben und völlig anders positioniert sind. Das ist ungefähr so, wie wenn ich ein Wohnwagen und einen Sportwagen vergleichen würde und mich dann darüber aufrege, dass Letzterer keine eingebaute Dusche hat. Meinen Blog finde ich in den Artikel allerdings auch nicht wieder.
So und jetzt muss ich noch ein Buch nacherzählen, über alles loben und noch ein Rezensionsexemplar abgreifen
Liebe Grüße
Tobi